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Sie wissen alles über die Königin und ihr Volk

Im Gymnasium am Steinwald leben hunderttausende Bienen. Doch seit neuestem produzieren sie nicht nur Honig, sondern massenweise Daten.

Von Jakob Hartung, Volontär

Als ich ankomme, sind alle Kinder schon in weiße Schutzanzügen eingekleidet. Mir wird auch noch schnell einer übergeworfen, dann geht es raus zu den Bienen. Schnell dröhnt ein lauter werdendes Summen durch die Luft. Wir sind umgeben von den Tieren, doch die Kinder bleiben cool. Während ich mich noch nervös umblicke, schreiten sie zur Tat. Unter Anleitung von Lehrerin Bettina Hans müssen die vier Bienenvölker begutachtet werden. „Gib mir mal den Wabenheber“, sagt einer der Schüler. Mit geübten Bewegungen öffnen sie den Bienenstock und holen eine Wabe heraus. Drinnen leuchtet der Honig.



MINT Bienen

Hans hat das Bienenprojekt im Gymnasium am Steinwald im Jahr 2018 ins Leben gerufen. Die Idee dazu hatte sie schon sechs Jahre zuvor, doch die Umsetzung brauchte lange. „Ich musste mich natürlich erst mal mit Schule und Landkreis auseinandersetzen“, erinnert sich Hans. Jetzt stehen vier Bienenstöcke in einem kleinen Hinterhof, von dem aus die Tiere in den angrenzenden Wald fliegen können.



Imkern ist Teil des Lehrstoffs geworden. Im „MINT“-Unterricht können die Kinder sich mit Projekten aus Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie beschäftigen. Wer „MINT Bienen“ wählt, ist dabei. 30 Kinder aus der Klassenstufe Fünf haben sich für die Arbeit im weißen Anzug entschieden.



Das schwache Volk

Jede Woche öffnen sie die Bienenstöcke und schauen nach, was dort drin so passiert. Dafür müssen sie einen Holzkasten nach dem anderen untersuchen. Einige sind schon voller Honig und deshalb sehr schwer. Die Bienen sind überall und bei einer falschen Bewegung könnten die Tiere gequetscht werden. Das kann schwerwiegende Konsequenzen haben. „Im Frühling haben wir irgendwie die Königin eines Volkes getötet“, sagt Hans. Das Bienenvolk kann zwar eine neue Königin hervorbringen, doch bis sie Eier gelegt hat und neue Bienen schlüpfen, vergeht über einen Monat. In dieser Zeit kann das Volk nicht wachsen und fällt in der Honigproduktion zurück. „Wie geht es heute dem schwachen Volk?“, fragt Hans die Kinder. Sie ist seit Jahren erfahrene Imkerin und hat sechs Völker bei sich zu Hause.

Die Bienen lassen das Prozedere über sich ergehen. In einem Volk leben bis zu 50 000 Tiere und sie haben eine Lebensdauer von vier bis sechs Wochen. „Sie essen im Wald Pflanzen-Nektar, kommen zurück zu ihren Waben und kotzen ihn da dann wieder aus“, erklärt eine Schülerin den Prozess. In einem der Kästen kommt die Königin zum Vorschein. Sie ist doppelt so groß wie alle anderen Bienen und auf dem Rücken in royalem blau angemalt. Die Markierung bedeutet, dass die Königin aus dem Jahr 2020 stammt.



Wie viel wiegt das Volk

Bettina Hans präsentiert stolz das Equipment, das sie für das Projekt besorgt hat. Neben dem Königinnenmarkierer hat die Schule neue Hightech-Waagen angeschafft. Seit März stehen drei der Bienenstöcke auf den Geräten, die stündlich das Gewicht messen und per Simkarte an einen Server schicken. Bettina Hans hat Zugriff auf die Daten. Sie sieht ganz genau, wie viel Gewicht das Volk jeden Tag zugelegt oder verloren hat. Allein gestern waren es 0,7 Kilogramm. Ganz schön fleißig, die Bienen.

Doch die Waagen können nicht nur die Honigproduktion messen, sondern dienen auch der Überwachung des Volkes. Die Bienen wollen nämlich jedes Jahr Schwärmen, also sich weiterbewegen. Dazu fliegt die Königin los und nimmt die Hälfte ihrer Bienen und einen großen Teil des Honigs als Wegzehrung mit. Zurück bleibt eine neue Königin mit halbem Volk. Innerhalb kürzester Zeit verliert der Bienenstock so die Hälfte seines Gewichts. Die Waage schlägt Alarm und sendet eine Warn-SMS an Bettina Hans Handy. „Hier an der Schule ist das zum Glück noch nicht passiert“, sagt sie.



Der Traum jedes Bienenzuchtvereins

Danach sitzen alle Kinder zusammen und schauen sich die Daten der Waagen auf einer App an. Neben dem Gewicht zeichnet sie auch Wetterdaten auf und wirft alles in unübersichtlichen Graphen zusammen. Im Klassenraum herrscht leichte Verwirrung. Doch als es um den Ertrag geht, blühen die Kinder auf. Sie konnten schon 56 Kilogramm Honig aus den Waben schleudern, den die Schule in kleinen Gläsern als „Steinwald-Honig“ verkauft. „Das sind 672 Euro“, rechnet eine Schülerin vor. Und die Bienenstöcke sind schon wieder voll. „Ich hatte noch nie so eine gute Ernte wie dieses Jahr“, sagt Hans.



Nachdem die Stunde zu Ende ist, stehen die Erwachsenen noch zusammen. Helmut Süsser, Landesvorsitzender des Vereins Deutscher Ingenieure, hat den Kauf der Waagen mit 2000 Euro unterstützt. Außerdem hat Hans ihre Kollegen aus dem Bienenzuchtverein mit ins Boot geholt. Andreas Hosse, ein passionierter Imker im Ruhestand, hilft ihr bei der Kinderbetreuung am Bienenstock. Auch der Vorsitzende Jürgen Schneider ist da. „Wir haben 80 Mitglieder im Verein und nur zwei davon haben solche Waagen“, sagt er. Hans freut sich darüber, ihr Schulbienenprojekt ist ganz vorne mit dabei.

Die Schule finanziert das Projekt durch den Verkauf von Steinwald-Honig für drei Euro das Glas. 50 Cent davon spenden sie an ein Projekt in Ruanda!

©2025 Bienenzuchtverein Ottweiler

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